Absicherung der Geschäftsführung

Einzelunternehmer und Geschäftsführer von Gesellschaften schrecken vor der Stellung eines Insolvenzantrags oft zurück, dabei hat die Fluch nach vorne nicht nur Nachteile. Durch die rechtzeitige Stellung eines Insolvenzantrags vermeiden die Verantwortlichen die zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen einer Insolvenzverschleppung. Dies ist insbesondere für die Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften relevant. Die Geschäftsführer einer GmbH sind der Gesellschaft nach § 64 Satz 1 GmbHG zum Ersatz aller Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung geleistet werden. Hiervon ausgenommen sind nur Zahlungen, die für die Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs unabdingbar sind.

Insolvenzverwalter prüfen auf jeden Fall, ob es zwischen dem faktischen Eintritt der Insolvenz und der Stellung des Insolvenzantrags zu ungerechtfertigten Zahlungen gekommen ist. Daraus resultierende Forderungen der Gesellschaft gegenüber den ehemaligen Leitungsorganen werden regelmäßig mit großem Nachdruck geltend gemacht. Gleichzeitig haften die ehemaligen Geschäftsführer als natürliche Personen mit ihrem gesamten Vermögen. Eine Insolvenzverschleppung zieht deshalb nur allzu oft die Privatinsolvenz der Verantwortlichen nach sich. Diese persönlichen Konsequenzen lassen sich durch die zeitige Stellung des Insolvenzantrags vermeiden.

Vollstreckungsschutz

Für Unternehmen mit akuten Zahlungsschwierigkeiten, denen die Gläubiger bereits im Nacken sitzen, hat die Einleitung des Insolvenzverfahrens auch noch einen anderen großen Vorteil. Das Insolvenzverfahren verdrängt als Gesamtvollstreckungsverfahren die Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger. Da das Insolvenzverfahren der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient, darf nach § 89 Abs. 1 InsO während der Verfahrensdauer weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermöge des Unternehmens vollstreckt werden. Die Untersagung bzw. Einstellung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner während des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie der Erlass eines Aussonderungs- und Verwertungsverbots für Betriebsmittel gehört zu den üblichen gerichtlichen Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO.

Spätesten dann, wenn ein Gläubiger bereits einen vollstreckbaren Titel erwirkt hat und die Sicherstellung essentieller Betriebsmittel durch den Gerichtsvollzieher droht, wird es Zeit zu handeln. Sobald ein Gläubiger ein Pfändungspfandrecht an einer beweglichen Sache oder eine Zwangshypothek an einer Immobilie erlangt hat, steht § 89 Abs. 1 InsO der Wirksamkeit dieser Sicherungsrechte nicht mehr entgegen. Es greift aber die sogenannte Rückschlagsperre. Sicherungsrechte, die der Gläubiger erst im letzten Monat vor Stellung des Insolvenzantrags oder später erlangt hat, sind nach § 88 InsO unwirksam. Es kann deshalb sinnvoll sein, die Ankündigung der Zwangsvollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher mit der Stellung des Insolvenzantrags zu kontern.

Sanierung in Eigenregie

Halten die Anteilseigner bzw. die Geschäftsführer einen Betrieb für sanierbar, können sie, sofern sie den Insolvenzantrag selbst stellen, die Eigenverwaltung beantragen. In diesem Fall verbleibt die Verfügungsgewalt über das Unternehmen und sein Vermögen beim Schuldner, dessen Geschäftsleitung den Geschäftsbetrieb fortführt. Das Insolvenzgericht bestellt keinen Insolvenzverwalter, sondern einen Sachwalter (§ 270 c InsO), der die Geschäftsführer aber nicht ablöst, sondern nur überwacht. Das Management des Betriebs kann die geplanten Sanierungsmaßnahmen somit in Eigenregie durchführen. Das Eröffnet die Chance einen Betrieb zu entschulden und strategisch neu auszurichten.

Erleichterungen beim Personalabbau

Der Insolvenzantrag darf allerdings nicht als Mittel missbraucht werden, um die zivilrechtliche Durchsetzung berechtigter Ansprüche zu verhindern, die das Unternehmen aus sachfremden Gründen nicht befriedigen will. Sofern sich ein Unternehmen aber tatsächlich in einer wirtschaftlichen Krise befindet, verfügt die Geschäftsführung über einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum. Der sollte gerade dann genutzt werden, wenn die wirtschaftliche Sanierung des Unternehmens nicht ohne beträchtlichen Personalabbau realisierbar ist, der sich andernfalls nicht durchsetzen lässt. Das Insolvenzrecht kennt hier eine Reihe von Sondervorschriften. Insbesondere hebelt § 113 Satz 1 und 2 In­sO einen individual- oder tarifvertraglich vereinbarten Ausschluss der ordentlichen Kündigung aus. Das Unternehmen kann in der Insolvenz also auch sonst unkündbare Beschäftigte entlassen. Die gleiche Normvorschrift verkürzt die Kündigungsfristen, ohne Ansehen vertraglicher Vereinbarungen, auf drei Monate zum Monatsende.

Wird aufgrund von Massenentlassungen oder anderen Betriebsänderungen ein Sozialplan erforderlich, begrenzt § 123 InsO die Ansprüche der Betroffen auf maximal 2,5 Monatsgehälter. Außerhalb eines Insolvenzverfahrens fallen Abfindungen in aller Regel deutlich höher aus. Die Einleitung des Insolvenzverfahrens kann das Unternehmen also finanziell beträchtlich entlasten.

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